Öko-Champignons ein europäisches Projekt
Rund 20 Öko-Landwirte besuchten Ende Januar das Unternehmen
Worldchamp, eine der weltweit technisch modernsten Champignon-Zuchtanlagen
in Holland. Die Betriebe hatten nach der Getreideernte 1999 zum
ersten Mal Öko-Stroh für die Champignonsubstratproduktion
geliefert und wurden vom Partnerunternehmen Verschoor, Fourage BV,
eingeladen, sowohl die Substrat- als auch die Champignonproduktion
kennenzulernen.
Wir suchen laufend Ökologisch erzeugtes Stroh für die
Champignonproduktion. Lesen Sie hier weiter
...
Rechtliche Grundlage
Die ökologische Champignonproduktion ist mit der EU-VO 1900/98
als Änderung der Biokennzeichnungs-VO 2092/91 zum 4. September
1998 erstmalig ordentlich geregelt worden. Sie stellt aber auch
nur einen Kompromiß dar, denn das Problem liegt in der ökologischen
Substratproduktion.
Herkömmliches Champignonsubstrat besteht aus 70 % Pferdemist,
30 % Stroh und ganz geringen Mengen Geflügelmist und Gips.
Das ökologische Stroh ist verfügbar, aber nicht der ökologische
Pferdemist, der frisch (14 Tage alt) eingemischt werden muß.
Die Biokennzeichnungsverordnung besteht auf einem Anteil von 75
% Öko-Bestandteile. Die restlichen 25 % dürfen, wenn Öko-Mist
nicht verfügbar ist, aus Mist bestehen, der nach der VO 2328/91
erzeugt ist, d. h. aus extensiver Geflügelhaltung unter 2 GV/ha
und Freiland- oder Auslaufhaltung.
Champignons, die auf solchen Substraten wachsen können, werden
als Öko-Champignons verkauft.
Die Rohstoffversorgung
Ton Verschoor, ein Futtermittelhändler und Spediteur für
landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Werkendam in Holland, läßt
schon seit Jahren in der Magdeburger Börde konventionelles
Stroh für die Substratproduktion pressen und hatte sich die
Aufgabe gestellt Öko-Stroh in Ostdeutschland zu beschaffen.
Über ein holländisches Beratungsbüro für Öko-Landbau
kam er an Rainer Löser, der vor allem in Sachsen-Anhalt und
Thüringen Ökobetriebe berät. Gemeinsam sprachen sie
viele größere Ackerbaubetriebe in ganz Deutschland an,
um sie zu überzeugen Öko-Stroh zu liefern. Jeder Betrieb
wurde von Ton Verschoor oder Rainer Löser besucht. Die Fa.
Verschoor bot an, die gesamte Strohernte, das Stapeln am Feldrand
und den Abtransport des Strohs in eigener Regie durchzuführen,
damit die Betriebe in der Erntezeit nicht zusätzlich belastet
werden sollten. Die Betriebsleiter konnten wählen, ob sie das
Stroh verkaufen oder gegen das abgeerntete Substrat im Verhältnis
eine Tonne Stroh zu zwei Tonnen Substrat tauschen wollten. Letzteres
wurde auch zu 70 % angenommen, denn welcher Bio-Bauer gibt schon
gerne seine organische Substanz aus dem Betrieb. Das zurückgelieferte
Substrat es sieht aus wie stark angerotteter Mist , der mit
schwarzem Torf vermischt ist hat wegen des Mistanteils und
Kalkzusatzes mehr Nährstoffe als im Stroh enthalten war. Er
stabilisiert den Boden und wirkt humusanreichernd. Für leichte
Böden ist dies ideal. Einige Betriebe haben die Quaderballen
selbst gepreßt und gestapelt. Vierzig Betriebe haben bisher
insgesamt 8500 t Stroh geliefert.
Produktionsverfahren für Champignon-Kompost
Das Stroh wird seit August 1999 auf zwei Kompostplätzen in
Sachsen-Anhalt und Niedersachsen mit dem Hühnermist und Wasser
vermischt. Der Kompostierungsprozeß, die 1. Phase, beginnt
nach einem Tag mit einer starken Erhitzung, die durch häufiges
Umsetzen noch gefördert wird. Temperaturen bis 80 ° C werden
dabei erreicht. Es findet ein Kohlenstoffabbau durch Bakterien statt,
die den Stickstoff und Kohlenstoff für ihr eigenes Leben umbauen.
Dieser Prozeß dauert mit den genannten Mischungspartnern 17
Tage. Danach wird der Kompost nach Holland gefahren und kommt in
einen Tunnel, in dem pasteurisiert und konditioniert wird. Dort
werden innerhalb einer Woche alle nicht erwünschten Organismen
thermisch abgetötet. In der 3. Phase wird die sogenannte Pilzbrut
dem sterilen Kompost - auch Unkräuter keimen jetzt nicht mehr
- zugesetzt, die sich dann als Pilzmycel in einem weiteren Tunnel
entwickeln. 14 Tage dauert dieser Prozeß. Nun wird der myceldurchwachsene
Kompost verladen und in die Züchterei gebracht. Hier wird der
Kompost in spezielle Kisten, auch Betten genannt, abgefüllt
und oben drauf noch die Deckerde, rund 5 cm stark, aufgebracht,
in der die Pilz(-Frucht)-körper dann wachsen und stehen. Jetzt
ist das Substrat fertig und wird in die Zuchträume gebracht,
wo sich nach rund drei Wochen flächendeckend die Champignons
zeigen. Diese werden in sogenannten zwei bis drei Wellen über
3 Wochen abgeerntet. Jede Welle bedeutet 3 4 mal pflügen.
Wenn das Substrat abgeerntet ist, wird das Mycel durch Erhitzen
abgetötet und auf die landwirtschaftlichen Betriebe zurück
transportiert.
Worldchamp in Kerkdriel
Das Unternehmen Worldchamp in Kerkdriel bei Hertogenbosch besteht
aus zwei Einheiten:
Dem Kompostwerk der Phase 2 und 3 und dem Zuchtbetrieb.
Das Kompostwerk besteht aus 11 Tunnel mit einer Kapazität
von 200 t pro Tunnel. Hier können pro Jahr 28000 t Kompost
produziert werden. Die Anlage gibt keine unreine Luft ab, da die
Reinigungsablage die gesamte Abluft vom Ammoniak und sonstigen Abgasen
reinigt. Der flüssiggebundene Ammoniak wird im Betrieb im Kompostierungsprozeß
wiederverwendet.
Der Zuchtbetrieb hat 12 Zuchtzellen mit je 1500 m2, die 4 m hoch
sind. Die 8-stöckigen Zuchtgestelle werden über ein Computerprogramm
gesteuert und vollautomatisch aus den Zuchtzellen herausgeholt,
wenn die Erntewellen anstehen. Die einzelnen Kisten werden insgesamt
6 Pflücktischen mit je 4 Pflückfrauen zugeführt,
die je Pflückerin und Stunde rund 3000 Pilze abernten. Eine
automatische Abschneidevorrichtung schneidet die Pilzbasis ab, so
daß keine Erde an den Pilzen haftet. Über ein Laufband
werden die Pilzplatten der Verpackungseinheit für den Frisch
oder Industriemarkt zugeführt und endverpackt. Die gesamte
Anlage kann pro Woche 90 t Champignons erzeugen und in den Markt
geben. Geerntet wird rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, so
wie die Pilze wachsen. Es gibt ein Stammpersonal, was über
Arbeitsagenturen je nach der Erntemenge aufgestockt wird.
Das Erfolgsgeheimnis von Worldchamp
Ad Peffer, der Unternehmer, der selbst bereits seit 20 Jahren im
Pilzgeschäft tätig ist (sein Vater hatte in den 50-iger
Jahren mit der Pilzzucht begonnen), wurde 1997 zum Unternehmer des
Jahres in Holland erklärt. Die Technologie seines Betriebes
gibt es weltweit nur noch an drei weiteren Standorten.
Der Erfolg der Pilzzucht in seinem Unternehmen liegt in der strengen
Hygiene und der exakten Prozeßführung. Auch in der konventionellen
Produktion wurden bisher nie Fungizide und Formaldehyd für
die Reinigung der Tunnel gebraucht. Dies wird durch reichlich heißes
Wasser und pedantischer menschlicher Reinigungskraft mit Hochdruckreinigern
und großen Schrubbern ermöglicht.
Familienbetrieb von Arie von Geffen
Der Eindruck der industriellen Produktion für diese Öko-Champignons
würde täuschen, wenn es nicht auch den typischen Familienbetrieb
gäbe, der die Champignons ohne Automatisierung ausgenommen
die Klimasteuerung - erzeugt.
Wir besuchten im Anschluß an Worldchamp den Familienbetrieb
von Arie von Geffen, der über insgesamt 6 Räume mit je
265 m2 Zuchtfläche verfügt. Das Anwesen machte den Eindruck
eines Neubaues, war aber 8 Jahre alt. Wir konnten auch dort die
verschiedensten Phasen der Pilzzucht erleben: Das fertige Substrat
von Worldchamp wird mit dem LKW angefahren, der die Deckerde beim
Befüllen aufbringt, was für einen Raum keine 45 Minuten
dauert. Die Pilze werden direkt aus den "Betten" heraus
gepflückt. Bis zu 8 Personen sind hier beschäftigt, die
die obersten Betten über eine fahrbare Rampe erreichen.
Wir konnten der Reinigung eines Raumes beiwohnen und mußten
feststellen, daß er anschließend die Reinheit eines
Krankenhauses hatte. Dieser Betrieb schafft rund 7 t Pilze pro Woche
mit 90 % der Pilze in Klasse 1, die wiederum der automatisierte
Betrieb bei Worldchamp nie erreichen kann.
Es war schon beeindruckend: in beiden Unternehmen die vertikale
und rationalisierte Produktionsform der Champignonzucht und daneben
die verschiedenen produktionstechnischen Welten zwischen Familienbetrieb
und Fabrik.
Regionale/europäische Produktion
Die Öko-Champignons sind seit Januar 2000 auf dem europäischen
Markt. Sie werden in England, Frankreich, Holland, Belgien und in
Deutschland im Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt.
Das ganze Projekt stellt eine Mitteleuropa umfassende Kreislauf-Kette
dar mit viel Transport, logistischem Aufwand und enger vertikaler
Kooperation zwischen Stroh- und Mist-Erzeugern, Kompostwerken, Lebensmittelproduzenten
und Absatzmärkten. Regional ist heute Europa, oder nicht ??
rl
Stroh- und Gefügelmist-Lieferanten gesucht!
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