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Geflügelfütterung im ökologischen Landbau
Die Geflügelhaltung ist nach wie vor ein expandierender Bereich
im ökologischen Landbau. Dies trifft gleichermaßen für
die Produktion von Eiern und Geflügelfleisch zu. Mit Inkrafttreten
der EU-Verordnung Nr. 1804/99 sind europaweit Mindeststandards für
die Tierhaltung auf ökologisch wirtschaftenden Betrieben geschaffen
worden. Dadurch wird die Transparenz für die Verbraucher von
Öko-Produkten wesentlich verbessert. Auch für die Produzenten
haben sich damit einige Veränderungen ergeben. So ist der Kontrast
zur Produktion im Graubereich mit Öko-Deklaration klar gegeben.
Dafür sind aber auch noch einige Veränderungen für
die Produzenten zu berücksichtigen und umzusetzen. Dies trifft
für alle Ebenen der Tierhaltung zu; vom Stallbau über
Fütterung, Tierzukauf und der medizinischen Versorgung.
Bestimmungen durch die EU-VO 1894/99 für die Fütterung
Die Struktur in der Geflügelproduktion ist in den vergangenen
Jahren sehr vielfältig geworden. Es gibt Betriebe mit kleinen
und großen Beständen; mit einer oder mehreren Gefügelarten.
Ein wesentliches Merkmal war und ist dabei die optimale Versorgung
mit Futter auf der Basis von ökologischen und nach Möglichkeit
betriebseigenen Futtermitteln. Dies ist auch der Grundansatz in
der EU-VO 1804/99, die aber einige weitergehende Bestimmungen noch
beinhaltet.
- Grundsätzlich müssen alle Tiere Zugang
zu einem Grünauslauf haben.
- In der Tagesration muss frisches, getrocknetes
oder siliertes Rauhfutter angeboten werden.
- Geflügelmastfutter muss mindestens 65% Getreide
enthalten.
- Futtermittel, Futtermittelausgangserzeugnisse,
Mischfuttermittel etc. dürfen keine gentechnisch veränderten
Organismen (GVO) oder Derivate enthalten oder damit hergestellt
worden sein.
- Der Anteil des Zukaufs konventioneller Futterkomponenten
für die Geflügelernährung darf 20% der jährlichen
Trockenmasse nicht überschreiten. Der Zukauf ist nur von
solchen Komponenten erlaubt , die in der Positivliste im Anhang
II, Teil C aufgeführt sind.
WICHTIG: Beschaffung von verfügbaren ökologischen
Komponenten hat grundsätzlich Vorrang!!
- Der Zukauf bzw. der Einsatz von Umstellungs-Futterkomponenten
ist beschränkt. Betriebseigene dürfen bis max. 60%,
zugekaufte Futtermittel bis max. 30% eingesetzt werden.
Diese Bestimmungen müssen in den Richtlinien der Anbauverbände
berücksichtigt werden und auf den Betrieben auch umgesetzt
werden, da sie der Überprüfung unterliegen werden. Für
die Praxis bedeutet dies, daß die Futter- und Futtermittellieferanten
deklarieren müssen, wieviel Umstellungsware in der Komponente
oder im Mischfutter enthalten ist. Der Betriebsleiter muß
dann seine Jahresmenge überprüfen. Ein grenzenloser Zukauf
von Umstellungsware ist also generell nicht mehr möglich.
Ferner muß beim Zukauf von konventionellen Futtermitteln auf
die Deklaration von GVO-Freiheit geachtet werden. Handelt es sich
bei dem Lieferanten um einen kontrollierten Hersteller, so ist die
Beschaffung der Deklaration i.d.R. unproblematisch. Im anderen Fall
muß der Lieferant die Deklaration vom Vorlieferanten oder
Hersteller beibringen. Der Betriebsleiter hat sie dann den Kontrollunterlagen
beizufügen.
Futterkomponenten
Die Produktpalette an Futterkomponenten aus ökologischer Produktion
ist in den letzten Jahren umfangreicher geworden; wobei zu bemerken
ist, dass das Angebot nicht immer konstant ist. Daher kann zeitweilig
ein Lieferdefizit bestehen. Hiervon sind häufig die Eiweißträger
betroffen. Die Bereitstellung der betriebseigenen Futterkomponenten
ist abhängig von jeweiligen Standortbedingungen und betrieblichen
Gegebenheiten. In der Regel sind Getreide, Körnerleguminosen
und Ölsaaten im Anbauprogramm und als Komponenten in unterschiedlichem
Umfang verfügbar.
Tab. 1: Mögliche Futterkomponenten aus ökologischer
Produktion
Getreide |
Weizen, Mais, Triticale, Gerste, Hafer, Roggen |
Körnerleguminosen |
Ackerbohnen, Lupine, Wicken, Erbsen, Sojabohnen |
Ölsaaten |
Sonnenblumenkerne, Raps, Lein, Sojabohnen |
Eiweißergänzung |
Ölpreßkuchen: Lein, Raps, Sonnenblumen, Sesam
|
Sonstige |
Grünmehle; Kräutermehle, Pflanzenöle, CCM,
Ganzpflanzensilage, Feuchtgetreidesilage, Gemüseabfälle,
Obst, Trester |
Die oben aufgeführte Tabelle listet bereits eine Vielzahl an
möglichen Komponenten für die Futterherstellung auf, die
nicht alle auf einem Betrieb vorhanden sein werden.
Getreide
Das Getreide ist ein wesentlicher betriebseigener Energieträger
in der Futterherstellung, dessen Eiweißzusammensetzung nicht
ausreichend ist für eine leistungsgerechte Nährstoffversorgung.
Je nach Fütterungszweck liegt der Anteil des Getreides in der
Mischung in einem Bereich von 40% bis 65%. Weizen, Triticale und
Mais können, sofern ausreichend vorhanden, einzeln oder anteilig
in der Mischung eingesetzt werden. An Roggen und Tritikale sollten
die Tiere durch steigende Anteile in der Mischung langsam gewöhnt
werden. Der mögliche Anteil liegt dann üblichwerweise
in einem Bereich von 20 bis 35%. Gerste und Hafer können mit
Anteilen von 10 bis 30 % eingemischt werden.
Körnerleguminosen
Die Körnerleguminosen verfügen über wesentlich höhere
Eiweißgehalte als das Getreide. Die Eiweißzusammensetzung
ist jedoch auch noch nicht ausreichend für die Nährstoff
versorung von Küken und Legehennen. Von ihrer Zusammensetzung
sind die Körnerleguminosen als Energie- und Eiweißlieferanten
einzustufen. Auf inländischen Betrieben sind vornehmlich Ackerbohnen,
Lupinen und Erbsen vorzufinden. Vereinzelt können/werden auch
Sojabohnen und Wicken angebaut.
Futtererbsen sind die bevorzugten Körnerleguminosen. Sie können
bis zu 30% Mischungsanteil erreichen. Bei Ackerbohnen liegt der
Anteil in Abhängigkeit von Sorte und Verwendung bei 20 bis
25%. Die Sojabohnen müssen einer thermischen Behandlung unterzogen
werden, wenn sie effizient genutzt werden sollen. Nach Verfügbarkeit
beträgt die Einsatzmenge 10 bis 20%. Bei den Lupinen ist nach
Verwendungszweck ähnlich.
Ölsaaten
Die Ölsaaten sind aufgrund ihres Ölgehaltes sehr energiereiche
Komponenten. Sojabohnen und Lein müssen thermisch behandelt
werden. Der Anteil kann i.d.R. bei ca. 5 bis 12% in der Mischung
liegen. Bei ungeschälten Sonnenblumenkernen können die
Schalenanteile der begrenzende Faktor werden; sie können die
Fließeigenschaften und die Futteraufnahme negativ beeinträchtigen.
Raps sollte nicht im Legehennenfutter eingesetzt werden.
Eiweißergänzung mit Ölpreßkuchen
Die Rückstände aus der mechanischen Ölgewinnung
der Ölsaaten sind wertvolle Futterkomponenten, weil sie noch
eiweißreicher sind. Dadurch können sich die Mischungsanteile
nochmals erhöhen, bzw. sie können für den gezielten
Aminosäurenausgleich eingesetzt werden.
Sonstige
Die hier aufgeführten Komponenten sind teilweise direkt auf
den Betrieben verfügbar oder Verarbeitungsprodukte. Grünmehl
wird i.d.R. in der Legehennenfütteung mit als Dotterfarbstoffträger
mit Anteilen im Bereich bis 8% eingesetzt. Das Pflanzenöl dient
als ausgleichender Energieträger und zur Feinstaubbindung.
Die Silagen von Gras, Getreide etc. dienen ebenso wie der Grünauslauf
der Erweiteung des Nahrungsangebotes durch Futter mit geringerer
Nährstoffkonzentration oder –verfügbarkeit.
Diese Komponenten reichen für eine allzeit bedarfdeckende Nährstoffversorgung
nicht aus. Wichtige Komponenten für eine akzeptable Eiweißversorgung
sind in ökologisch produzierter Qualität nicht oder nur
sehr begrenzt verfügbar. Daher wurde im Anhang der EU-VO 1804/99
eine Positivliste beigefügt, die im folgenden knapp wiedergegeben
wird.
Tab. 2: Auszug aus dem Anhang II Teil C: " Futtermittel"
der EU-VO1804/99
Getreide
(Körner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse) |
Weizen, Mais, Triticale, Gerste, Hafer, Roggen, Reis, Sorghum
|
Körnerleguminosen
(Körner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse)
|
Acker- und Puffbohnen, Lupine, Wicken, Kicher-, Platt- und
Futtererbsen |
Ölsaaten/Ölpreßkuchen
(Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse) |
Sonnenblumen, Sojabohnen, Raps, Lein, Sesam, Kürbiskerne,
Baumwollsaat, Palm-Kernkuchen, Olivenpreßkuchen |
Kartoffeln/Wurzeln
(Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse) |
Kartoffeln, Bataten, Maniokknollen, Zuckerrübenschnitzel
|
Grün- und Rauhfutter |
Luzerne, Klee, Stroh, Wurzelgemüse |
Tierischen Ursprungs |
Milch- und Milcherzeugnisse, Fisch und andere Meerestiere
|
Sonstige |
Melasse, Apfel-, Trauben- und Tomatentrester |
Mineralstoffe |
Futterkalk, Vormischungen, Algenkalk, Austern-/Muschelschalen
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Daraus ergeben sich für die Rezepturplanung folgende Komponenten
für die
Eiweißergänzung:
Maiskleber-(futter), Kartoffeleiweiß, Bierhefe, Magermilchpulver,
Fischmehl
Mit diesen Produkten können Rezepturen zusammengestellt werden,
die auch den Nährstoffansprüchen von Küken und Jungtieren
noch gerecht werden. Die Versorgung von Putenküken ist allerdings
an hohe Qualitäten gebunden (s. auch weiter unten). Mit der
Abstimmung einer Vielzahl von ökologischen Komponenten und
hochwertigen erlaubten Eiweißkomponenten können die erforderlichen
Nährstoffgehalte annähernd erreicht werden.
Futterherstellung
Ausgangsbasis für die Zusammenstellung einer Rezeptur sind
die Daten über die Nährstoffzusammensetzung der einzelnen
Komponenten: Diese sind in Büchern oder EDV-Programmen
zusammengestellt. Bei den zugelassenen herkömmlichen Einzelfutterkomponenten
(Bierhefe, Kartoffeleiweiß, Maiskleber, Grünmehl etc.)
können für die Berechnung in der Regel die Angaben übernommen
werden. Dennoch sollte beim Kauf der Komponenten Sicherheit über
den geforderten Nährstoffinhalt geschaffen werden, besonders,
wenn diese Komponenten generell mit unterschiedlichen Eiweißgehalten
gehandelt werden.
Bei den betriebseigenen Komponenten, vorwiegend Getreide- und Körnerleguminosen,
gibt es erfahrungsgemäß größere Abweichungen
von den Tabellenwerten. Hier ist es ratsam, von einer größeren
Partie Nährstoff-Analysen machen zu lassen. Im Minimum sollte
der Rohproteingehalt bestimmt werden. Vom Brotgetreide sind den
Betriebsleitern die Schwankungen des Rohproteingehaltes bekannt.
Weichen die bestimmten Analysewerte für Rohproteingehalt um
mehr als 2,5 % von den Tabllenwerten ab, so empfiehlt sich eine
Weender-Analyse der Komponenten, insbesondere dann, wenn diese Komponenten
Mischungsanteile oberhalb 20% erhalten sollen.
Rezepturplanung
Zielvorgabe für die Rezepturplanung ist die bedarfsgerechte
Nährstoffversorgung der Tiere. Das bedeutet eine der zu
erwartenden Leistung angepaßte ausreichende Nährstoffversorgung,
die der Forderung nach Gesundheit und Wohlbefinden gerecht wird.
Hierzu gehört auch die Rationsgestaltung. Durch das
Angebot von Rationskomponenten mit unterschiedlicher Nährstoffkonzentration
und Verfügbarkeit kann dem Bedürfnis der Tiere nach Nahrungsaufnahme
und Nahrungssuche entsprochen werden.
Dies steht auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufbereitung
des Futters bzw. der Rationskomponenten. So kann z. B. ein auf
die Fütterungstechnik abgestimmtes Alleinfutter mit guter Fließeigenschaft
aber geringer Strukturwirkung (Ballaststoffe) durch andere Futterkomponenten
mit entsprechender Wirkung in der Ration ausgeglichen werden. Das
Ziel der Rationsplanung ist die Abstimmung von physiologischer und
mechanischer Sättigung der Tiere, sowie dem damit verbundenen
Verhaltensrepertoire.
Ein weiterer wesentlicher Faktor, der Berücksichtigung finden
muß, ist die Form der Aufbereitung. Sie wird beeinflußt
von der Zustandsform der Komponenten. Findet die vorliegende Form
nur geringe oder keine Akzeptanz bei den Tieren, so ist eine Bearbeitung
erforderlich. So z.B. das Zerkleinern von Körnern (Mais,
Ackerbohne, Erbse etc.), binden von Mahlstaub durch Flüssigkeiten
(Öl, Melasse, Nebenprodukte der Milchverarbeitung) und Verbesserung
der Krümelstruktur und Farbintensität des Futters.
Die gewählte Fütterungs- , Transport- und Lagerungstechnik
hat ebenfalls Einfluß auf die Aufbereitung bzw. die Einsatzmenge
in der Ration. Die triftt insbesondere für solche Komponenten
zu, die aufgrund ihres Schalen- oder Spelzanteils die Fließeigenschaft
beeinträchtigen.
Für eine gleichbleibende und kontinuierliche Herstellung betriebseigener
Futtermischung ist schließlich eine entsprechende Logistik
innerhalb des Betriebes erforderlich. Eine sorgfältige Ein-lagerung
der Komponenten sowie Bevorratung und rechtzeitige Bestellung sind
erforderlich. Ein rechtzeitiger Einkauf ist besonders hinsichtlich
der Kenntnis von Veränderungen der Nährstoffinhalte in
den Zukaufkomponenten erforderlich.
Lagerhaltung
Die Lagerhaltung bzw. der Einsatz vieler Einzelkomponenten ermöglicht
eine bessere Anpassung der Rezepturen an unterschiedliche Nährstoffanforderungen.
Unter ökonomischen Gesichtspunkten stellt eine umfangreiche
Lagerhaltung jedoch eine stärkere Kostenbelastung dar, die
sich auf den Futtermittelpreis auswirkt. Eine häufig genutzte
Möglichkeit die Lagerhaltung zu vereinfachen, besteht in dem
Einkauf von konzentrierten Ergänzungsfuttermitteln, welche
für unterschiedliche Verwendungszwecke erhältlich sind.
Sie enthalten i.d.R. die Komponenten von nicht ökologischer
Herkunft in entsprechender richtliniengemäßer Menge.
Eine häufig genutzte Möglichkeit die Lagerhaltung zu
vereinfachen, besteht in dem Einkauf von konzentrierten Ergänzungsfuttermitteln,
welche für unterschiedliche Verwendungszwecke erhältlich
sind. Sie enthalten i.d.R. die Komponenten für einen ausreichenden
Ausgleich bzw. Versorgung mit Eiweiß und Mineralstoffen.
Verhaltensfaktoren
Die Umsetzung ethologischer Erkenntnisse muß auch auf die
Ernährung der Tiere angewendet werden. Die Funktionskreise
sind offensichtlich nicht von einander zu trennen, da sie in Wechselbeziehungen
zueinander stehen.
Untersuchungen der Verhaltensforschung haben gezeigt, daß
die Nahrungsaufnahme eine wichtige soziale Funktion einnimmt. Die
Tiere nehmen das Futter gemeinsam auf. Angeregt wird dies durch
akustische Signale (Lautäußerungen der Tiere, Pickgeräusche,
Laufgeräusche der Futteraggregate) und durch Aktionen der Tiere
(Picken, Scharren, Kratzen). Diesen Verhaltensweisen müssen
bereits bei der Planung des Stalls und seiner Einrichtung und der
Gestaltung der Futterrationen berücksichtigt werden.
Die Futteraufnahme der Hühner wird ferner wesentlich durch
dessen Struktur und Farbe beeinflußt. Die Struktur des Futters
ergibt sich aus der Form und der Größe der Nahrungspartikel.
So werden große, kantige Teilchen besser wahrgenommen als
feine, staubartige Partikel. Im Zusammenhang mit der Struktur ist
die Farbe bzw. die Farbintensität ebenfalls von Bedeutung.
Die Tiere entwickeln im Laufe ihrer Jugend vermutlich eine Präferenzstruktur
für Farben, die jedoch nicht unbedingt zu verallgemeinern ist.
Die Farbintensität kräftiger Farbtöne beeinflußt
dabei die Wahrnehmbarkeit und führt zu einer besseren Aufnahme
des Futters. Derselbe Effekt kann auch durch Anfeuchten des Futters
erzielt werden.
Der Geschmackssinn ist bei Geflügel nicht sehr differenziert
ausgebildet, so daß keine spontane Futteraufnahme oder -verweigerung
durch Qualitäten wie süß, salzig, bitter und sauer
zu erzielen sind, weshalb sich Hühner z.B. durchaus an Silagen
"heranmachen". Hier sind in der Regel einwandfreie Qualitäten
und physiologische Rückkopplungen für das Annehmen des
Futters entscheidend.
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